Roboadvisor – Geldanlage leicht gemacht?

„Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Mondgesicht!“
Wenn Geldanlage doch so einfach wäre! Nach der Finanzkrise, diversen Skandalen und Falschberatungen zog der Gesetzgeber – im Einklang mit europäischen Vorgaben – diverse regulatorische Schrauben an. Das Ziel: Verbraucherschutz – es sollte keine Oma mehr geben, deren ganzes Vermögen in ein Lehman-Papier oder einen offenen Immobilienfonds fließt. Kundenorientierung, nicht Produktverkauf lautet das Leitmotiv. Für Normalverdiener –zum Beispiel junge Berufseinsteiger, Angestellte, Beamte, Erben, die mit der Erbschaft erstmals über größere Beträge verfügen – hat sich einiges verändert. Wer heute zu einer Beratung geht, erhält noch mehr Dokumente als früher: Eine Informationsbroschüre über Geldanlagen, Aufklärung über die Rolle und Vergütungsweg des Beraters und so weiter. Meist alles online, ein Haken im Beratungsprotokoll bestätigt den Erhalt.
Lesen und vor allem verstehen Kund*innen die Unterlagen? Das darf bei den meisten bezweifelt werden. Aber die Berater erfüllten die gesetzlichen Auflagen und dokumentieren sie.
Die Marktregulierung führte schon im Ausland dazu, dass Normalanleger praktisch keine Beratung mehr erhalten. Zum Beispiel in Großbritannien, die schneller mit Auflagen waren, ließ sich dies bereits beobachten, bevor hier bei uns digitale Plattformen einfache Geldanlage anboten.
Interessanterweise scheint es so, als ob mit wenigen Angaben ein persönlich passendes Angebot erstellt würde. Das ist auch nicht ganz falsch, denn die Erfahrung zeigt, dass Menschen mit ähnlichen Anforderungen – Anlageziel, Anlagebetrag, Risikobereitschaft, Erfahrungen – auch ähnliche Anlagen vertragen. Wozu also viel Zeit in Beratungsgespräche stecken, wenn es für Anbieter und Kund*innen auch einfacher geht?
Roboadvisors – wobei „advisor“ für Berater eigentlich irreführend ist, denn eine Beratung findet nicht statt – entwickeln sich zu einem Vertriebsweg, der standardisierte Angebote einfach in den Markt bringt. Finanzunternehmen konzipieren zum Beispiel drei Anlagestrategien, die jeweils nach den entsprechenden Klicks als Lösung erscheinen. Gute Anbieter, die qualitative Produktauswahl – zum Beispiel bei Fonds – betreiben, ermöglichen damit einen einfachen Einstieg. Es können aber auch „nur“ ETF’s in dem Angebot stecken.
Geht es um Altersvorsorge und man/ frau hat noch 30 Jahre Zeit, wirken sich „Anlagefehler“ nicht so stark aus: Schwankungen egalisieren sich, ein „zu hoher Aktienanteil“ kann eher zum Vorteil werden und ob es sich um die „besten Produkte“ handelt, relativiert sich auch.
Je höher aber die Anforderungen an eine Geldanlage sind, um so sinnvoller ist eine qualifizierte Beratung. Zu viele Aspekte sind zu beachten und analoge Berater*innen haften für ihre Anlagevorschläge und -beratung. Ein Roboadvisor haftet nicht – er spuckt nur Lösungen aus, die auf den Klicks der Anleger*innen beruhen – bei schlechten Ergebnissen, selber schuld!
© Foto_Text Finanzverstand Renate Kewenig