Risiken lauern überall – Was nützen Berater oder Coaches?

Selbstbestimmte, durchblickende Geldanleger, die souverän ETF-Depots bauen und ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen: So scheint die Welt zu sein, wenn man sich manche Veröffentlichungen ansieht. Die Wirklichkeit besteht aber aus vielen Menschen, die Geldanlagen meiden, nicht in Aktien anlegen, Rendite verschenken und gar nichts tun. Misstrauen sowie mangelndes Finanzwissen über Zinsen, Kurse, Kosten, Produkte und wirtschaftliche Zusammenhänge verursachen Anlage-Lethargie – mit fatalen Folgen für Vermögensentwicklung und Altersvorsorge.

Manche politischen Stimmen finden es empörend, dass mit Geld mehr verdient wird, als mit Arbeit. Erstens, wie viele Menschen betrifft das? Zweitens, dieses „mehr“ hat auch immer mit „Risiko=Schwankung“ zu tun, das mit Rendite belohnt wird. Drittens, beklagen wir nicht gerade, dass nicht investiert wird? Investition hat auch immer eine Risikokomponente – zum Beispiel beim Aktienkauf. Aber das brauchen wir doch, Vertrauen der eigenen Bevölkerung in ihre Unternehmen und deren Erfolg!

Und wäre es nicht nur fair, wenn private Geldanlagen, die frühere Generationen durch eigenes Spar- und Anlageverhalten gebildet und mehrfach versteuert haben, nun weiter wachsen? Aber wie sollen sie wachsen, wenn es keinen Zins mehr gibt und risikofreudiges Anlegen vermieden wird?

In diesem ganzen Dilemma schlägt dann die Stunde der Berater: Analyse, gute Vorschläge, Lösung gekauft. Weiterbildung der Kunden steht nicht wirklich auf dem Plan, denn informierte Kunden stellen Fragen. Eine Broschüre über Geldanlage gehört als Basiswissen zum Informationspaket – die Wenigsten lesen, geschweige denn verstehen den Inhalt. Wie gesagt, Finanzbildung fehlt ja.

Die Lücke zwischen Kunde und Berater füllt das Vertrauen in die Kompetenz, die Seriosität und nicht zuletzt die gesetzlichen Auflagen für Finanzberatung. Empfehlungen aus Freundeskreis oder Familie, seit einigen Jahren auch Bewertungsportale helfen bei der Beratersuche. Das Image dieser Berufsgruppe ist schlecht durch die Finanzkrise und Beratungsskandale. Referenzen, ein guter Ruf und Erfahrung sprechen für einen guten Berater, seit Jahren ist Fachwissen selbstverständlich und die entscheidende Zulassungsvoraussetzung.

Kunden mit dem passenden Berater finden neben Fachkompetenz und Engagement auch jemand, der für seine Vorschläge haftet. Fehlt eigenes Finanzwissen, nützt diese Kombination bei einer Anlagelösung.

Der Begriff „Coach“ wird heute inflationär gebraucht und ist nicht geschützt. Es hört sich irgendwie gut an und ist „in“. Blickt man etwas hinter die Kulissen stellt sich heraus, dass mancher Coach doch letztlich Finanzprodukte anbietet oder fachlich gar nichts mit Finanzen zu tun hat.

Im Finanzcoaching geht es aus meiner Sicht nicht darum, eine Lösung zu verkaufen und Ratschläge zu erteilen. Im Kern begleiten Coaches die Personen, ihre Ziele zu erreichen und eigene Lösungen zu finden. Gerade in der Finanzbranche profitiert ein Anleger von einer eigenen Lösung, zum Beispiel wenn Kurse fallen. Im Coaching fand er vielleicht heraus, dass ein Kursrückgang in dem Teil des Geldes, das lange nicht gebraucht wird, für ihn kein Problem ist. Damit bleibt der Kopf kühl, wenn der Aktienanteil schwankt. (Und zwar aus eigener Erkenntnis und nicht weil der Berater sagt: Durchhalten!)

Der Wissensinput durch den Coach bei Bedarf und Methoden, die eigene Erfahrung fördern, helfen den Coachees, eine Vorstellung von Geldanlage zu bekommen und sich bewusst zu entscheiden. Ein fachlicher Hintergrund in Finanzfragen beim Coach ist aus meiner Sicht unabdingbar.

Erkenntnisse, Verhaltensänderungen (weg vom Girokonto hin zu einer eigenen Strategie) und Fähigkeiten (wie unterscheide ich Produkte, wie finde ich meine Ziele und Strategie ….) ergeben ein nachhaltig neues Bild für eigene Entscheidungen. Wie die konkrete Umsetzung einer Geldanlage erfolgt, ob in Eigenregie, über praktische Online-Portale oder ob ein Berater oder sogar ein Vermögensverwalter der beste Weg sind steht auch am Ende eines Coachingprozesses. Dieser Schritt ist dann nur noch das „logische Tüpfelchen auf dem i“.

Anmerkung: Die Verwendung der männlichen Form der Substantive in diesem Beitrag dient lediglich der einfacheren Lesbarkeit.

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