Finanzberater – Wer, was, wieviel?

Geldanlage – für manche ist und bleibt es ein Buch mit sieben Siegeln…
Auch wenn das Ziel von Finanzverstand ist, Anleger* „schlau“ zu machen, kann das auch bedeuten, Investments gerade nicht selbst zu tätigen, sondern mit dem erworbenen Wis-sen bei einem Finanzberater die „richtigen“ Fragen zu stellen, gut vorbereitet zu sein und eigene Ziele über diesen Weg zu erreichen. Aber wer tummelt sich da so?
Wer steckt hinter dem Begriff  „Finanzberater“?
Gleich vorneweg, der Begriff an sich ist nicht geschützt. Qualifikationen über Aus- und Weiterbildungen sind zahlreich: Bankkaufmann/ -frau kennen wir alle, aber auch Finanz-wirte, Finanzanlagenvermittler, Honoraranlagenberater……und noch einige mehr finden sich. Nähern wir uns dem Thema zunächst über die Tätigkeit:
Es geht um die Beratung und den Zugang zu Geldanlageprodukten, also zum Beispiel um die Vermittlung von In-vestmentfonds (schon öfter erklärt: Investmentfonds bezeichnen sowohl aktiv gemanagte Sondervermögen, als auch die börsengehandelten, indexabbildenden ETF’s).
Ein weiterer Unterschied findet sich in der Beschäftigung, ein Finanzberater kann angestellt tätig sein, zum Beispiel bei einer Bank oder einem Finanzinstitut (jeweils mit einer Zulassung nach dem Kreditwesengesetz) oder auch bei einem großen Unternehmen mit einer anderen Zulassung. Als angestellter Berater richten sich Art und Umfang der Tätigkeit nach den Maßgaben des Arbeitgebers, es gibt praktisch keine eigene Entscheidungsmacht.
Daneben finden sich selbständige Finanzberater, also unternehmerisch tätige Personen. Das können kleinere „Einzelkämpfer“ sein, oder auch größere Unternehmen. Wer es genau wissen will schaut sich die Zulassungen an (im Impressum der Internetseite oder in der Erstinformation).
Habe ich also eine Person als „Finanzberater“ vor mir stellt sich die Frage, für wen arbeitet sie, wie ist der Status.
Bei Angestellten (Auftritt, Büro, Visitenkarte …) ist es relativ einfach.
Andere selbständige Berater unterscheiden sich auch durch ihren Status :
Handelt es sich um Ausschließlichkeitsvertreter, die nur für ein einziges Unternehmen tätig sind (wobei da heute auch die Produktpalette schon breit sein kann), um einen Mehrfachagenten, der für mehrere Unternehmen tätig ist oder sogar um einen Makler.
Der Maklerstatus besagt, dass der Berater juristisch betrachtet auf der Seite des Kunden steht, in seinem Interesse handelt und nicht im Interesse eines bestimmten Unternehmens.
Jetzt können wir uns noch die Vergütung ansehen:
Entweder Gehalt (angestellt) oder über Provision (die Vergütung erfolgt aus dem „verkauften“ Produkt heraus), eine weit verbreitete Form der Bezahlung. Ergänzt werden kann sie durch Honorarvereinbarungen.
Wenig vertreten bisher ist die Vergütung von Beratung, eventuell Vermittlung und Betreuung rein auf Honorarbasis. Hier ist die Unabhängigkeit am größten, da der Maklerstatus verbunden ist mit einer Vergütung, die sich an der Dienstleistung orientiert. Für Hono-rarberater sind Provisionen aus Produkten heraus verboten, sowohl bei der Vermittlung, als auch aus den bestehenden Beständen. Erfolgreich arbeiten unabhängige Honorarbera-ter, die transparente Geschäftsmodelle und Leistungen anbieten.
Als wäre das nicht schon verwirrend genug, was sind dann ein Roboadvisor oder ein Finanzcoach?
Roboadvisors entstanden einerseits als Folge der modernen, einfacheren digitalen Wege, aber vor allem auch als Konsequenz aus der starken Regulierung des Beratermarktes. In dem Kunden alles selbst eingeben und dann zum Beispiel ein voreingestelltes, vorgeschla-genes Depot auswählen, verfügen die Anbieter über einen zusätzlichen Vertriebsweg ohne Beratung. Keine Haftung, kaum Kosten auf der Vertriebsseite, praktisch und günstig für Anleger, die allerdings komplett selbst verantwortlich sind, auch für Fehler.
Die Einordnung des Anbieters läuft vergleichbar der oben dargestellten Zulassung und Organisation.
Finanzcoach ist ein ebenfalls nicht geschützter Begriff. Diese noch junge Bezeichnung fällt, zumindest bisher, nicht unter die Regulierung, es gilt genau hinzuschauen:
Woher kommt die Qualifikation? Was wird geleistet? Geht es bei dem „Coaching“ eigentlich um Kundengewinnung für Produkte? Womit wird Geld verdient? Handelt es sich um ein „echtes“ Coaching – oder auch Finanzbildung – bei dem die Leistung in der Schulung, Zieldefinition und Stärkung der Coachees liegt? Wie transparent sind Angebot und Preise?

Fazit: Was ist nun gut und was ist Anlegern zu empfehlen? Leider ist die Antwort: Das kommt darauf an.
Auch mit Provisionsvergütung können eine gute Beratung und ein breites Produktangebot gegeben sein. Wem unabhängige Leistung wichtig ist wählt eher Honorarberater oder lässt sich einfach erstmal nur schlau machen – dann fallen alle weiteren Entscheidungen leichter!

© Finanzverstand Renate Kewenig
*Die Verwendung der maskulinen Schreibweise in diesem Beitrag dient lediglich der einfacheren Lesbarkeit, impliziert aber alle Gender-Gruppen, ohne Absicht einer Zurücksetzung oder Bevorzugung.

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Gesellschaft: Frauen heute – moderne Trümmerfrauen

„Ihr habt doch die Emanzipation gewollt!“ höre ich von meinem Sohn, wenn wir wieder mal über Männer und Frauen politisieren. Ohne die gesamte Geschichte der Frauenbewegung aufzurollen fallen mir einige Dinge auf:
– Frauen arbeiten heute fast alle.
In den Neunzigern waren wir berufstätigen Frauen – ich als selbständige Finanzberaterin – die „Rabenmütter“. Ständig schlechtes Gewissen, Männer fanden als Väter kaum statt, Elternzeit gab es nicht, keine Rentenpunkte für Kindererziehung (die kamen später rückwirkend) und böse Blicke von den „Hausfrauen“. Solidarität von Frauen untereinander, ein seltenes Gut.
– Wenn Frauen heute ein paar Jahre zu Hause bleiben wollen, um bei den Kindern stabile Wurzeln zu legen, treffen sie auf komische Blicke:
Warum will sie nicht arbeiten? Der alte Begriff vom „Hausmütterchen“ macht wieder die Runde und wer will schon so ein Image!!
Spielende Kinder in der Nachbarschaft (für uns damals noch Standard!) sind heute Fehlanzeige. Alle in der Betreuung!
Die Kinder selbst betreuen und erziehen? Das können Einrichtungen angeblich besser!
– Über allem schwebt die Rentenfalle: Sieht man sich die Zahlen zur Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen an, so liegt sie bei ca. 25%, wenn man die Aspekte wie Teilzeit, Karrierebrüche usw. nicht berücksichtigt. Bewertet man die Einkommen unter gleichen Voraussetzungen (gleiche Ausbildung, gleicher Werdegang, gleiche Arbeitszeit usw.) zeigt sich der rein geschlechtsspezifische Einkommensunterscheid: er liegt bei ca. 6%.. Das ist auch noch schlimm genug, aber der wichtige Grund für den „pay gap“ liegt an der mangelnden Wertschätzung von Haus- und Familienarbeit.
Haben Frauen also die Wahl? Angesichts praktisch nicht bestehender Unterhaltsansprüche im Scheidungsfall, beruflicher Nachteile durch Familienarbeit, niedrigerer Einkommen und damit auch geringerer Rentenansprüche kann von freier Wahl nicht die Rede sein.
Die Entscheidung, im häuslichen Umfeld tätig zu sein, kostet finanziellen Spielraum. Mit einem Einkommen als Familie gut zu leben erfordert, manches nicht zu tun.
Warum ich jetzt, wo die großen Fragen durch Corona & Co. gestellt werden, mit der „ollen Kamelle“ komme?
Weil mir immer wieder das Bild der modernen Trümmerfrau in den Sinn kommt. Wenn es gerade mal sein muss (Arbeitskräftemangel zum Beispiel), werden die Frauen mit dem Hinweis auf ihren Emanzipationswillen in die Arbeitswelt gezogen.
Was mich daran stört? Es hat sich (fast) nichts geändert, geschweige denn gebessert! Frauen haben heute wie damals nicht die Wahl. Wenn Familie gewollt ist (und über mangelnde Kinderzahl wird ja politisch ständig lamentiert, Demographie, Zuwanderung und so…) bekommt nun mal frau die Kinder. Will sie beruflich wettbewerbsfähig bleiben, muss sie so schnell wie möglich wieder in den Arbeitsprozess.
Da Unterhalt im Scheidungsfall nach heutigem Recht praktisch Fehlanzeige ist, hilft auch gegen dieses Risiko nur eine durchgehende Erwerbstätigkeit.
Das Ergebnis: Zwei arbeitende Partner*innen, Stress für alle von morgens bis abends. Teure Kinderbetreuung, hohe Wohnkosten, delegierte häusliche Aufgaben resorbieren das Plus an Familieneinkommen und bescheren oft ein schlechtes Gewissen. Doch das Gesellschaftsmodell kennt auch viele Profiteure: Reinigungsdienste, Pflegedienste, Kitas, Vermieter, die höhere Mieten durchsetzen können und vieles mehr.
Damit ich richtig verstanden werde: Ich möchte eine echte Wahlfreiheit für Frauen und gern auch für Männer. Kein entweder/ oder, Karriere oder Familie, sondern eine umfassende gesellschaftliche Akzeptanz und Wertschätzung, wenn sich jemand für die wichtigen Aufgaben im häuslichen und familiären Umfeld entscheidet.
Während Kinder als höchstes Gut betrachtet werden, führen die übrigen häuslichen und familiären Aufgaben ein Schattendasein. Lieber BWL als Hausarbeit!
Hygiene, Wäschepflege, gesunde Ernährung, Vorratshaltung, Haushaltsplanung und -finanzen…allein diese Themen füllen schon ein Arbeitsleben, immerhin gab es mal den Beruf der Haushälterin. Da reden wir noch nicht von Kinderbetreuung und Erziehung. Von Homeschooling ganz zu schweigen.
Wer weiss denn heute noch, wie unterschiedlich Wolle, Seide, Baumwolle, Leinen gewaschen und gebügelt werden? Pullover verfilzt? Schnell neu bestellt für 15 Euro!
Hygiene – nicht zu viel und nicht zu wenig – ist für viele heute ein Fremdwort. Ein Saugroboter allein wird es wohl nicht richten. Der Vormarsch in Frankreich an Bettwanzen in Haushalten und Hotels spricht Bände!
Wir führen eine Ampel ein, den Nutri-Score, damit unsere Gesellschaft gesünder lebt. Grundwissen zu Ernährung: verloren gegangen. Wieder bildet sich ein neues Geschäftsfeld, mit dem sich Geld verdienen lässt. Aber wer hat nach einem acht Stunden Tag plus Arbeitswege noch den Nerv, sich intensiv um Einkauf und Kochen zu kümmern? Da hilft „Rot, Gelb, Grün“.
Nicht zuletzt – sondern eigentlich am Anfang – steht der Umgang mit Finanzen. Konsum überall, wer mithält ist happy, nach aussen die richtigen Marken zeigen und alles passt!
Aber: Geldanlage beginnt beim Haushalten. Vom Ausgeben wird man nicht reich. Was für altbackene, langweilige Sätze. Gääähn! Trotzdem stimmen sie und den Umgang mit Geld üben wir schon in der Familie. Wie war das nochmal mit der Überschuldung von Haushalten? Junge Menschen, die schon durch Handy & Co. einen negativen Eintrag in der Schufa aufweisen? Der Einfluß der Verbraucher auf die Wirtschaft ist gewaltig!
Zwei kurze Beiträge bestärkten mich, die Bedeutung „alten Wissens rund um Haus und Familie“ aufzugreifen: Kürzlich begegnete mir eine Notiz im „Panorama“ des Bonner General Anzeiger*: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis habe im ARD Magazin Kontraste festgestellt, dass Frauen sicher gern mehr zu Hause blieben, wenn das Geld reichen würde. Im Haus gebe es nicht nur langweilige Dinge, sondern „…die Wäsche gut zu sortieren bedeutet weniger Konsum.“
Ein weiterer Aspekt begegnete mir in einem Bericht über die Studie von Professor Streek, Uni Bonn zur Übertragbarkeit von Coronaviren und ihrer Haftung auf Oberflächen. 2-3 Tage auf Kunststoff und Edelstahl! Hier ist häusliches Hygienewissen gefragt!
Betrachten wir die vielfältigen Aufgaben rund um Haus und Familie mit neuen Augen! Rentenpunkte in Höhe des Durchschnittseinkommens über die gesamte Dauer der Familienarbeit unterstreichen die Bedeutung und wären politisch ein Schritt in die richtige Richtung. Schaffen wir eine echte Wahl!
*GA Ausgabe 6./7. Juni 2020, S. 40
© Finanzverstand Renate Kewenig

Im Interview bei den Fondsfrauen

Gedanken rund um Finanzwissen und -bildung bei den Fondsfrauen!

Roboadvisor – Geldanlage leicht gemacht?

„Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Mondgesicht!“
Wenn Geldanlage doch so einfach wäre! Nach der Finanzkrise, diversen Skandalen und Falschberatungen zog der Gesetzgeber – im Einklang mit europäischen Vorgaben – diverse regulatorische Schrauben an. Das Ziel: Verbraucherschutz – es sollte keine Oma mehr geben, deren ganzes Vermögen in ein Lehman-Papier oder einen offenen Immobilienfonds fließt. Kundenorientierung, nicht Produktverkauf lautet das Leitmotiv. Für Normalverdiener –zum Beispiel junge Berufseinsteiger, Angestellte, Beamte, Erben, die mit der Erbschaft erstmals über größere Beträge verfügen – hat sich einiges verändert. Wer heute zu einer Beratung geht, erhält noch mehr Dokumente als früher: Eine Informationsbroschüre über Geldanlagen, Aufklärung über die Rolle und Vergütungsweg des Beraters und so weiter. Meist alles online, ein Haken im Beratungsprotokoll bestätigt den Erhalt.
Lesen und vor allem verstehen Kund*innen die Unterlagen? Das darf bei den meisten bezweifelt werden. Aber die Berater erfüllten die gesetzlichen Auflagen und dokumentieren sie.
Die Marktregulierung führte schon im Ausland dazu, dass Normalanleger praktisch keine Beratung mehr erhalten. Zum Beispiel in Großbritannien, die schneller mit Auflagen waren, ließ sich dies bereits beobachten, bevor hier bei uns digitale Plattformen einfache Geldanlage anboten.
Interessanterweise scheint es so, als ob mit wenigen Angaben ein persönlich passendes Angebot erstellt würde. Das ist auch nicht ganz falsch, denn die Erfahrung zeigt, dass Menschen mit ähnlichen Anforderungen – Anlageziel, Anlagebetrag, Risikobereitschaft, Erfahrungen – auch ähnliche Anlagen vertragen. Wozu also viel Zeit in Beratungsgespräche stecken, wenn es für Anbieter und Kund*innen auch einfacher geht?
Roboadvisors – wobei „advisor“ für Berater eigentlich irreführend ist, denn eine Beratung findet nicht statt – entwickeln sich zu einem Vertriebsweg, der standardisierte Angebote einfach in den Markt bringt. Finanzunternehmen konzipieren zum Beispiel drei Anlagestrategien, die jeweils nach den entsprechenden Klicks als Lösung erscheinen. Gute Anbieter, die qualitative Produktauswahl – zum Beispiel bei Fonds – betreiben, ermöglichen damit einen einfachen Einstieg. Es können aber auch „nur“ ETF’s in dem Angebot stecken.
Geht es um Altersvorsorge und man/ frau hat noch 30 Jahre Zeit, wirken sich „Anlagefehler“ nicht so stark aus: Schwankungen egalisieren sich, ein „zu hoher Aktienanteil“ kann eher zum Vorteil werden und ob es sich um die „besten Produkte“ handelt, relativiert sich auch.
Je höher aber die Anforderungen an eine Geldanlage sind, um so sinnvoller ist eine qualifizierte Beratung. Zu viele Aspekte sind zu beachten und analoge Berater*innen haften für ihre Anlagevorschläge und -beratung. Ein Roboadvisor haftet nicht – er spuckt nur Lösungen aus, die auf den Klicks der Anleger*innen beruhen – bei schlechten Ergebnissen, selber schuld!
© Foto_Text Finanzverstand Renate Kewenig