Inflation, steigende Zinsen: Bloß nicht in Anleihen investieren!?

„Wie kommt es, dass Sie über Anleihen sprechen und Rentenfonds oder Mischfonds für eine Depotstruktur anraten, mein privates Umfeld sagt: In diesen Zeiten bloß nicht in Anleihen investieren!“ Mit dieser interessanten Reaktion war ich vor ein paar Tagen konfrontiert. Meine Antwort: Das kommt darauf an!

Eigentlich ist in meiner Wahrnehmung öffentlich immer von Aktien, manchmal Kryptos, ständig ETF’s, aber nie von Anleihen die Rede. Erstmal: was ist das? Bei Anleihen, auch Bond, verzinsliches Wertpapier oder Schuldverschreibung genannt, handelt es sich um Wertpapiere, die eine Schuld verbriefen. Es weist die Ausstattung wie Wert, Zins, Laufzeit und Schuldner aus. Gab es früher, wie bei aktien, noch so genannte effektive Stücke – also schön gestaltete Papiere – finden der Handel und die Verwahrung heute eigentlich nur noch digital statt.

Mit dem Kauf einer Anleihe (über ein Bankdepot) leihen Anleger einem Staat oder einem Unternehmen zum Beispiel
10.000 Euro, Laufzeit des Papiers 5 Jahre, Zinsausstattung 3% pro Jahr (p.a.).
Das Papier ist börsengehandelt, am Ende der Laufzeit gibt es den Nominalwert zu 100% zurück, also die 10.000 Euro. Verkaufen Anleger aber zwischendurch, erhalten sie als Erlös den erzielten Börsenkurs. Der kann je nach allgemeinem Zinsniveau höher oder tiefer als 100 liegen.

Wenn Zinsen steigen, bevorzugen Anleihekäufer die neuen Papiere, alte passen über die Börse den Kurs an, um marktgängig zu sein. Der Effekt wird durch lange Restlaufzeiten noch verstärkt. Das bedeutet, dass in Zeiten wie jetzt der Kurs von „alten“ Anleihen sinkt.

Dieser Effekt hat umgekehrt in der Vergangenheit sinkender Zinsen dazu geführt, dass alte, besser verzinste Papiere extreme Kursanstiege verzeichneten. Damit konnten Anleger in den letzten Jahren sogar mit Anleihen richtig Geld verdienen. Da eine Anleihe am Ende immer zu 100 zurückgezahlt wird, ist hier mit stark sinkenden Kursen zu rechnen, je näher die Fälligkeit rückt. Also, zugegeben, sinkende Kurse möchte man nicht im Portfolio.

Aber: Greifen Anleger auf breit streuende Fonds mit Anleihen zurück, um für mittlere oder kürzere Zeitfenster ein schwankungsarmes Investment im Depot zu haben, greifen folgende Aspekte:

  • Fonds investieren auch zügig in neue, besser verzinste Papiere. Damit kann der Effekt zeitlich begrenzt werden.
  • Über unterschiedliche Laufzeiten gleichen sich Schwankungen aus
  • Papiere, die nur noch kurze Zeit haben bis zur Fälligkeit, so genannte Restläufer, reagieren kaum noch auf die Zinsentwicklung
  • Fonds nutzen zur Streuung auch unterschiedliche Anleihen, zum Beispiel von Unternehmen und Staaten, anderen Währungen oder auch Schuldnern.

Kurz: Anleiheauswahl und -mischung ist echt speziell und aus meiner Sicht noch schwieriger, als Aktienauswahl. Für Privatanleger kaum zu leisten, darum bieten sich Investmentfonds an.

Da Geldanlage nur mit Tagesgeld (im besten Fall, oft auch nur Sparbuch oder Girokonto) und Aktie (bzw. Aktienfonds) nicht wirklich funktioniert, kommt es darauf an, wie man zwischen kurzfristiger Anlage und langem Horizont eine Lösung auswählt.

Schaut man sich aktuell Fonds mit Anleihen an, finden sich positive Renditen vor allem bei US Anleihen, ob Kurzläufer, Unternehmensanleihen oder internationale Währungen (die dann in der Fondswährung Dollar gerechnet werden). Allerdings spielt da zum Zinsniveau auch noch der Währungskurs eine Rolle. Auch inflationsgeschützte Produkte oder Mischfonds, die breit anlegen dürfen (bis hin zu vermögensverwaltenden Varianten), können das mittlere Zeitfenster abbilden. Wer auf Nachhaltigkeit achtet nutzt noch ein weiteres Kriterium.

Finanzwissen heißt, Vor- und Nachteile, Möglichkeiten und Lösungen zu kennen – und dann zu entscheiden. Übrigens: „Eierlegende Wollmilchsäue“ gibt es nicht!

Neu: Online – Themen – Workshops ab Oktober

Nicht Jede und Jeder will gerade einen größeren Betrag aus Erbschaft, Versorgungsausgleich oder Lebensversicherung anlegen und sucht ein Gesamtcoaching, sondern es stehen eher einzelne Themen auf der Agenda. Daher stehen ab Oktober kurze
OnlineThemen – Workshops zur Verfügung!

Für 1 – bis 3 Personen

Dauer: 90 Minuten

Termine: Nach Vereinbarung, buchen Sie Ihre passende Zeit!

Themen:
Das KLASI-Prinzip – schrittweise zur eigenen Geldanlage

Investmentfonds kompakt

Nachhaltig Vermögen aufbauen: Kinder, Rente, Hauskauf

Spezial
Für Investmentclubs oder Aktieninteressierte: Aktienauswahl – Worauf kommt es an?

Ihr Thema ist nicht dabei? Sprechen Sie uns an, die Liste ist nicht abschließend.

 

Kosten: 75 € pro Person, inkl. ges. MwSt
Das Coaching findet mit Blizz statt, der Link wird nach Zahlung der Rechnung individuell zugemailt und berechtigt zur einmaligen Teilnahme. Die Kosten schließen ein kleines handout mit ein.

Anfrage und Anmeldung unter kewenig@finanz-verstand.de

Infos zur Referentin über www.finanz-verstand.de

Finanzberater – Wer, was, wieviel?

Geldanlage – für manche ist und bleibt es ein Buch mit sieben Siegeln…
Auch wenn das Ziel von Finanzverstand ist, Anleger* „schlau“ zu machen, kann das auch bedeuten, Investments gerade nicht selbst zu tätigen, sondern mit dem erworbenen Wis-sen bei einem Finanzberater die „richtigen“ Fragen zu stellen, gut vorbereitet zu sein und eigene Ziele über diesen Weg zu erreichen. Aber wer tummelt sich da so?
Wer steckt hinter dem Begriff  „Finanzberater“?
Gleich vorneweg, der Begriff an sich ist nicht geschützt. Qualifikationen über Aus- und Weiterbildungen sind zahlreich: Bankkaufmann/ -frau kennen wir alle, aber auch Finanz-wirte, Finanzanlagenvermittler, Honoraranlagenberater……und noch einige mehr finden sich. Nähern wir uns dem Thema zunächst über die Tätigkeit:
Es geht um die Beratung und den Zugang zu Geldanlageprodukten, also zum Beispiel um die Vermittlung von In-vestmentfonds (schon öfter erklärt: Investmentfonds bezeichnen sowohl aktiv gemanagte Sondervermögen, als auch die börsengehandelten, indexabbildenden ETF’s).
Ein weiterer Unterschied findet sich in der Beschäftigung, ein Finanzberater kann angestellt tätig sein, zum Beispiel bei einer Bank oder einem Finanzinstitut (jeweils mit einer Zulassung nach dem Kreditwesengesetz) oder auch bei einem großen Unternehmen mit einer anderen Zulassung. Als angestellter Berater richten sich Art und Umfang der Tätigkeit nach den Maßgaben des Arbeitgebers, es gibt praktisch keine eigene Entscheidungsmacht.
Daneben finden sich selbständige Finanzberater, also unternehmerisch tätige Personen. Das können kleinere „Einzelkämpfer“ sein, oder auch größere Unternehmen. Wer es genau wissen will schaut sich die Zulassungen an (im Impressum der Internetseite oder in der Erstinformation).
Habe ich also eine Person als „Finanzberater“ vor mir stellt sich die Frage, für wen arbeitet sie, wie ist der Status.
Bei Angestellten (Auftritt, Büro, Visitenkarte …) ist es relativ einfach.
Andere selbständige Berater unterscheiden sich auch durch ihren Status :
Handelt es sich um Ausschließlichkeitsvertreter, die nur für ein einziges Unternehmen tätig sind (wobei da heute auch die Produktpalette schon breit sein kann), um einen Mehrfachagenten, der für mehrere Unternehmen tätig ist oder sogar um einen Makler.
Der Maklerstatus besagt, dass der Berater juristisch betrachtet auf der Seite des Kunden steht, in seinem Interesse handelt und nicht im Interesse eines bestimmten Unternehmens.
Jetzt können wir uns noch die Vergütung ansehen:
Entweder Gehalt (angestellt) oder über Provision (die Vergütung erfolgt aus dem „verkauften“ Produkt heraus), eine weit verbreitete Form der Bezahlung. Ergänzt werden kann sie durch Honorarvereinbarungen.
Wenig vertreten bisher ist die Vergütung von Beratung, eventuell Vermittlung und Betreuung rein auf Honorarbasis. Hier ist die Unabhängigkeit am größten, da der Maklerstatus verbunden ist mit einer Vergütung, die sich an der Dienstleistung orientiert. Für Hono-rarberater sind Provisionen aus Produkten heraus verboten, sowohl bei der Vermittlung, als auch aus den bestehenden Beständen. Erfolgreich arbeiten unabhängige Honorarbera-ter, die transparente Geschäftsmodelle und Leistungen anbieten.
Als wäre das nicht schon verwirrend genug, was sind dann ein Roboadvisor oder ein Finanzcoach?
Roboadvisors entstanden einerseits als Folge der modernen, einfacheren digitalen Wege, aber vor allem auch als Konsequenz aus der starken Regulierung des Beratermarktes. In dem Kunden alles selbst eingeben und dann zum Beispiel ein voreingestelltes, vorgeschla-genes Depot auswählen, verfügen die Anbieter über einen zusätzlichen Vertriebsweg ohne Beratung. Keine Haftung, kaum Kosten auf der Vertriebsseite, praktisch und günstig für Anleger, die allerdings komplett selbst verantwortlich sind, auch für Fehler.
Die Einordnung des Anbieters läuft vergleichbar der oben dargestellten Zulassung und Organisation.
Finanzcoach ist ein ebenfalls nicht geschützter Begriff. Diese noch junge Bezeichnung fällt, zumindest bisher, nicht unter die Regulierung, es gilt genau hinzuschauen:
Woher kommt die Qualifikation? Was wird geleistet? Geht es bei dem „Coaching“ eigentlich um Kundengewinnung für Produkte? Womit wird Geld verdient? Handelt es sich um ein „echtes“ Coaching – oder auch Finanzbildung – bei dem die Leistung in der Schulung, Zieldefinition und Stärkung der Coachees liegt? Wie transparent sind Angebot und Preise?

Fazit: Was ist nun gut und was ist Anlegern zu empfehlen? Leider ist die Antwort: Das kommt darauf an.
Auch mit Provisionsvergütung können eine gute Beratung und ein breites Produktangebot gegeben sein. Wem unabhängige Leistung wichtig ist wählt eher Honorarberater oder lässt sich einfach erstmal nur schlau machen – dann fallen alle weiteren Entscheidungen leichter!

© Finanzverstand Renate Kewenig
*Die Verwendung der maskulinen Schreibweise in diesem Beitrag dient lediglich der einfacheren Lesbarkeit, impliziert aber alle Gender-Gruppen, ohne Absicht einer Zurücksetzung oder Bevorzugung.

Online Finanzsalon – Start zum regelmäßigen Austausch!

Ab 7. Juli treffen sich interessierte Frauen zum Online-Finanz-Austausch im Finanzsalon. Erfahrungen, Fragen und fachliche Expertise: Bequem von zu Hause!

Den kostenlosen Link gibt es unter kewenig@finanz-verstand.de

 

Coaching online und analog möglich….der Spuckschutz ist da!

Für viele hat das Thema Geld – auch beim Coaching wo es gar nicht darum geht, Produkte zu erwerben, sondern Wissen – mit Vertrauen zu tun. Dazu gehört bisher vor allem der persönliche Kontakt. Für die, die keine Online-Formate nutzen wollen, stehen Spuckschutz, Desinfektionsmittel und verschlossenes Getränk bereit.

Vereinbaren Sie einen Termin!

 

Was sind Corona-Bonds?

Die Corona-Bonds haben uns veranlasst, ein neues Video zu produzieren: Wer mehr wissen will, bitte reinsehen über YouTube!

Corona – Stoppt die Fondsflucht!

Die Investmentbranche erlebt gerade eine Massenflucht aus Fondsprodukten – was bedeutet das für Anleger*innen?
1) Geld ist ein flüchtiges Reh … je unsicherer die Nachrichten, desto schneller flüchtet es in (scheinbar) sichere Häfen, da hört man nicht nur Gold, sondern auch das Kopfkissen. Die Angst, nicht an das Geld heran zu kommen oder Geld zu verlieren ist groß.
2) Meine lange Erfahrung zeigt, dass – fachlich betrachtet – Investmentfonds zwar tolle Produkte sind für alle möglichen Anlageziele, dass Anleger*innen sie aber (bisher) nicht verstehen. Woran liegt das? In erster Linie an fehlendem Wissen über Wirtschaft und Anlage, in zweiter Linie daran, dass Anbieter bisher wenig Interesse daran haben, aufzuklären. Hauptsache es klappt, das Produkt zu verkaufen, verstehen muss der Kunde das nicht.
Diese Haltung schadet der Anlegertreue: Wenn Anleger*innen nicht wissen, warum sie einen Fonds besitzen und wie er funktioniert, können sie auch nicht einschätzen, wie sehr er jetzt in einer Krise gefährdet ist. Und folgen nur dem Bauch.
3) Die inzwischen vorgeschriebenen Schritte zur Beratung von Kunden finden pro forma statt, aber bleiben in der Praxis oft inhaltsleer. Ergänzende „Schulungen“ über die wesentlichen Aspekte der Geldanlage fehlen, Berater und Unternehmen setzen vor allem auf Vertrieb und Marketing. Sicher nicht jeder ist als Referent*in geboren und der Erfolg von Workshops oder Seminaren erscheint erst auf den zweiten Blick.
4) Das riesige Angebot von Fonds in Deutschland könnte schrumpfen, durch die Anlegerflucht sinken die Einnahmen der Anbieter, was zu einer Konsolidierung von Produkten, Personal und Unternehmen führen dürfte. A la longue könnte das für Verbraucher*innen aber auch ein Vorteil sein, wenn mehr Klasse als Masse übrig bliebe.
5) Die Erfahrung aus den bisherigen Crashs meines Berufslebens haben gezeigt, es geht (irgendwann) wieder aufwärts. Das macht gelassener. Aktuell finden sich viele Anleger*innen, die dem Trend nach „do it yourself“ folgten, häufig ohne strategischen Ansatz in Anlageprodukte investierten und dem (scheinbar) leicht verdienten Geld verfielen. 10 Jahre aufwärts bleiben nicht ohne Folgen, viele fragen sich: „Alle verdienen Geld, die an der Börse aktiv sind, warum nicht ich?“ und machen einfach mit.
Man kennt das Warnsignal der „Milchmädchen“ (die es heute nicht mehr gibt: wenn sie anfangen zu investieren, wird es Zeit vorsichtig zu sein. Oder „die zittrigen Hände“ – frei nach André Kostolany*, einem der erfahrensten und erfolgreichsten Börsenspekulanten -, die als erste die Nerven verlieren
Jetzt erleben – für meinen Geschmack zu viele – Anleger*innen, dass Kurse eben auch mal rasant die Richtung wechseln und was verlieren bedeutet.
6) Unreflektierte Werbung für ETF-Investment & Co. statt strategischer, mit Wissen unterlegter Geldanlage, könnte wieder einmal der privaten Vermögensbildung geschadet haben. Wenn – wie schon nach der Telekom Aktie – Normalsparer erleben, wie ihr sauer verdientes oder gerade ererbtes Geld vernichtet wird, weil grundsätzliche Regeln der Geldanlage eben beim Produktverkauf oft keine Rolle spielen, dauert es wieder Jahre, bis neues Vertrauen aufgebaut ist. Das wäre schade und verheerend für die private Altersvorsorge.
7) Daher: Stoppt die Fondsflucht! Schauen Sie, ob ihre Anlagen zu Ihrer persönlichen Situation passen oder nicht. Folgen Sie keinen kurzfristigen, kopflosen Tipps oder Angeboten, zum Beispiel zum Verkauf von Anlagen. Wenn die Strategie stimmt, bleiben Sie investiert! Oder Beispiel Lebensversicherungen: Ohne eine Freundin dieser Anlageform zu sein, ein Verkauf von vielleicht noch gut verzinslichen alten Verträgen – die außerdem den Todesfall absichern – dürfte meist keine gute Idee sein. Außer für den Käufer. Wenn die Prämie aktuell den Geldbeutel belastet, stellen Sie den Vertrag beitragsfrei und nehmen die Zahlung wieder auf, wenn es jobmäßig besser geht.
Bei Anlagen kommt es erst in zweiter Linie auf die einzelnen Produkte an, viel wichtiger sind die individuellen Ziele und Voraussetzungen. Wenn weniger Geld zur Verfügung steht, stoppen Sie Sparraten, behalten Sie aber den Bestand. Wenn es geht, kaufen Sie eher nach und verbilligen Sie Ihre bisherigen Einkaufskurse. Prüfen Sie, ob der Mix zwischen den verschiedenen Fonds stimmt oder passen Sie an. Ein Verkauf und späterer Einstieg – das so genannte timing – gelingt praktisch nie, außer zufällig. Im schlimmsten Fall bleiben Sie zu lange gar nicht investiert. Behalten Sie langfristige Ziele im Auge!

© Text und Foto, eigene Recherche, Renate Kewenig, Finanzbilderin, Finanzverstand® / * verstorben 1999 mit 93 Jahren