Anleger im Netz der Angst: Bange machen gilt nicht!

Ukraine-Krieg, steigende Zinsen, Inflation auf unglaublichem Niveau, nicht funktionierende globale Lieferketten, unbekannte Auswirkungen auf die Wirtschaft – die Lage war seit Jahrzehnten nicht so unübersichtlich, wie heute. Auf dem Boden verunsicherter Bürgerinnen und Bürger, die durch die letzten zwei Corona-Jahre pausenlos mit neuen Belastungen konfrontiert waren, gedeiht die Frucht der Angst.

Menschen verkaufen Lebensversicherungen und legen sich dafür Gold ins Haus. Depots werden aufgelöst und der Erlös in Immobilien gesteckt. Misstrauen gegenüber Geldanlagen in Deutschland beflügelt Flucht in Alternativen, die nicht immer Sinn machen.

Sprüche wie „Angst ist ein schlechter Ratgeber“ oder „Angst essen Seele auf“ helfen da wenig. Ein Blick auf Fakten schon. Sehen wir uns den Corona-Crash des DAX aus dem März 2020 an: Er brachte einen Kursrückgang von über 30 Prozent in kürzester Zeit, nach neun Monaten, zu Weihnachten war der Spuk vergessen.

Meine Finanzerfahrung aus fast 30 Jahren hat dies immer wieder gezeigt – ob .com-Krise der 2000er Jahre oder die Finanzkrise – nach dem Absturz kam immer wieder der Aufschwung.

Zugegeben, die Lage hat jetzt eine andere Dimension: Zwar hat es den Anschein, dass Kriegsangst, auch nuklearer Natur, die zu Beginn der Ukraine-Invasion fast Jeden beschlich, auf breiter Front nicht drohen wird. Aber eine Form des dritten Weltkrieges mit anderen Mitteln und weltweiten Auswirkungen sehen wir schon: Energiekollaps, Desinformation, Cyber-War, Wirtschaftseinbruch, gesicherte Einschätzungen – Fehlanzeige.

Jede Anlegerin, jeder Anleger kann nur auf die eigene Situation und Einschätzung vertrauen, denn Geldanlage muss immer individuell passen. Ja, die Erfahrungen der Vergangenheit helfen, Börsen haben sich immer wieder erholt, Marktbereinigungen bringen letztlich wieder neues Wachstum und die Welt dreht sich bisher immer weiter.

Die Wege werden unterschiedlich sein: Einer vertraut einer Bank, andere nur Goldbarren im Keller. Mancher flüchtet aus Deutschland, andere sehen genau hier einen sicheren Hafen. Fakt ist: Scheidung, Erbschaft, Hausverkauf, Rentenvorsorge, noch geht das Leben weiter und Anlageentscheidungen stehen an. Auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto frisst die Inflation den Wert, auch wenn die Zahlen erstmal unverändert aussehen.

Was nie hilft: Kopf in den Sand! Sondern: ein nüchterner Blick auf alle Aspekte!

Anlageziele, Anlagezeitraum, Risikobereitschaft, Renditewünsche, Hinterfragen von Interessen und Kosten, breite Streuung von Anlagen, Nachfragen und unabhängig Informieren.

Vor allem: Zeitdruck vermeiden.

 

©Text/ Foto/ Grafik Renate Kewenig, Finanzverstand 2022

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Verkaufen oder abwarten?

Die Nachrichten seit einer Woche überschlagen sich und auch bei uns, die wir eigentlich weit weg sind vom Ukraine-Konflikt, mehren sich Angst und Unsicherheit. Wird die Krise sich ausweiten? Behält Putin die Nerven? Wie wirken sich die Sanktionen auf Europa aus? Wird die Wirtschaft massiv unter Druck geraten? Was machen die Inflation und die Versorgungslage?

Fragen über Fragen – und die Unsicherheit spiegelt sich an den Märkten wider. Die Glaskugel, wohin das alles führt, hat niemand.

Auch wenn der Konflikt begrenzt bleibt, werden Kurse nachgeben und die Nerven von Anlegern strapazieren. Das, was vor Ort schreckliche Realität ist, Börsen geschlossen, Bargeld knapp, betrifft uns in Zentraleuropa nicht, zeigt aber, wie fragil unsere scheinbare Sicherheit ist. Angst ist immer ein schlechter Ratgeber, ruhig Blut aber schwierig. Gehen wir davon aus, dass kein 3. Weltkrieg entsteht, ist es sicher richtig, eine langfristige Strategie – zum Beispiel für die Altersvorsorge – beizubehalten. Je kurzfristiger eine Anlage an den Finanzmärkten angelegt ist, kann es sinnvoll sein, Investments erstmal ins Trockene zu bringen. Ein Strafzins dürfte das kleinere Übel sein.

Die Parkposition sollte nicht gerade dort lagern, wo scheinbar ein noch attraktiver Zins winkt: die Sberbank – immer wieder als Anlage in Hitlisten empfohlen – zeigt gerade wieder, ein höherer Zins impliziert auch immer ein höheres Risiko. Anleger bei der Russland-Bank sehen das gerade wieder.

Investments im Fondsbereich stellen Sondervermögen dar, die zwar schwanken, je nachdem, was sie enthalten, grundsätzlich aber unabhängig sind von der lagernden Bank oder der Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Möglichkeit, vorübergehend nicht verfügen zu können, besteht allerdings.

Zzum Beispiel Aktienfonds, auch ETF`s, können in den nächsten Wochen und Monaten Kurs-Stress verursachen, bleiben aber im Kern unangetastet. Misch- und Rentenfonds sollten in puncto Schwankung besser davon kommen.

Also abwarten oder verkaufen? Richtig festlegen wird sich wohl niemand, massive Abflüsse bei Banken und Beratungsunternehmen dürften diesen auch nicht gefallen.

Optimale Verkaufs- und Wiedereinstiegzeitpunkte trifft man nie, also mein Tipp: Prüfen Sie Ihre Cash-Position, halten Sie etwas Bargeld vor und fragen Sie sich, wieviel Kursstress Sie aushalten. Eventuell vorübergehend den Sicherheitsanteil erhöhen und die Entwicklung beobachten.

Hoffen wir, dass die Vernunft und/oder der politische Verstand irgendwann siegen.